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L-Thyroxin und mögliche Wechselwirkungen: Was ist zu beachten?

Medikamente mit dem Schilddrüsenhormon L-Thyroxin (ausgeschrieben Levothyroxin) sollen morgens nüchtern, mindestens eine halbe Stunde vor dem Frühstück zusammen mit Flüssigkeit eingenommen werden ‒ am besten mit einem Glas Wasser. So wird nicht nur die optimale Menge an Schilddrüsenhormonen in den Körper aufgenommen, sondern auch die Gefahr von Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, Nahrungsergänzungsmitteln oder Lebensmitteln verringert.

Unerwünschte Wechselwirkungen können dazu führen, dass entweder L-thyroxinhaltige Medikamente oder andere Arzneimittel nicht richtig wirken. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben: Zum einen gibt es Wirkstoffe, die die Aufnahme von L-Thyroxin in den Körper mindern und zum anderen Substanzen, die die Wirkung der Schilddrüsenmedikamente verringern. Umgekehrt können bestimmte Arzneimittel im Zusammenspiel mit L-Thyroxin schwächer oder auch stärker wirken.

Arzneimittel können die Aufnahme von L-Thyroxin vermindern

In der Regel wird L-Thyroxin über den Magen-Darm-Trakt in den Körper aufgenommen. Eine ganze Reihe von Medikamenten kann diesen Weg stören, wodurch nicht ausreichend Schilddrüsenhormone in den Blutkreislauf gelangen und die Gefahr für eine Schilddrüsenunterfunktion besteht. Dies gilt zum Beispiel für Aluminiumsalze, die in Arzneimitteln gegen einen übersäuerten Magen vorkommen. Aber auch Präparate mit Kalzium-, Eisen-, Zink- oder Magnesiumsalzen gehören dazu. L-Thyroxin sollte dann mindestens zwei Stunden vor Arzneimitteln mit diesen Mineralstoffen eingenommen werden. Ebenso können Protonenpumpenhemmer, wie zum Beispiel Omeprazol oder Pantoprazol, die Aufnahme von L-Thyroxin vermindern. Sie werden häufig zum Schutz vor Säuren bei saurem Aufstoßen, Magen- und Sodbrennen, Geschwüren im Magen und Darm oder einer längerfristigen Behandlung mit Schmerzmitteln verschrieben. In diesen Fällen muss die Schilddrüsenfunktion regelmäßig überwacht und unter Umständen die Dosis des L-Thyroxin angepasst werden.

Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel mit ähnlicher Wirkung

Auch Nahrungsergänzungsmittel und bestimmte Lebensmittel können die Aufnahme von L-Thyroxin über den Magen-Darm-Trakt beeinflussen. So sind Kalzium-, Eisen-, Zink- oder Magnesiumsalze häufig Bestandteile von Nahrungsergänzungsmitteln. Sicherheitshalber wird auch hier ein zeitlicher Abstand bei der Einnahme von L-Thyroxin und entsprechender Präparate von mindestens zwei Stunden empfohlen. Zudem enthalten einige Lebensmittel, wie beispielsweise Milch oder zum Teil auch Mineralwässer größere Mengen Kalzium. Aber auch Kaffee, bestimmte Teesorten und Hafer mindern unter Umständen die L-Thyroxin-Aufnahme. Deshalb ist die gängige Empfehlung bei der Einnahme von Schilddrüsenhormonen: morgens, auf nüchternen Magen, mit Wasser und mindestens 30 Minuten vor dem Frühstück.

Viele Multivitaminpräparate enthalten Biotin – auch Vitamin H, Vitamin B7 oder in Frankreich Vitamin B8 genannt. Das Vitamin kann bestimmte Laboruntersuchungen beeinflussen und zu möglicherweise nicht korrekten Werten des Thyroidea-stimulierenden Hormons (TSH) führen. So täuschen falsch verringerte TSH-Werte die Anzeichen einer Schilddrüsenüberfunktion und falsch erhöhte Werte die einer Schilddrüsenunterfunktion vor. Patientinnen und Patienten sollten daher die Ärztin oder den Arzt vor der Blutbildkontrolle unbedingt über die Einnahme entsprechender Präparate informieren.

Arzneimittel und Lebensmittel, die die Wirkung von L-Thyroxin beeinflussen

Es gibt einige Arzneimittel, die die Wirkung von L-Thyroxin im Körper beeinflussen. Dazu zählen unter anderem blutdrucksenkende Medikamente (Betablocker), Glukokortikoide (Kortison), spezielle Krebsmedikamente (Tyrosinkinaseinhibitoren) oder östrogenhaltige Medikamente zur Empfängnisverhütung („Antibabypille“): Durch sie kann der Bedarf an Schilddrüsenhormonen steigen. Da die genannten Präparate aber fast ausnahmslos verschreibungspflichtig sind, kennen die Ärztin und der Arzt diese und werden daher die Schilddrüsenwerte regelmäßig kontrollieren. Vorsicht ist zudem geboten, wenn Arzneimittel mit Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) – zum Beispiel als mildes Antidepressivum – eigenständig eingenommen werden. Sie können dafür sorgen, dass die Leber L-Thyroxin verstärkt abbaut und so den Schilddrüsenhormonspiegel senken. Bei der Blutbildkontrolle sollte man die Ärztin oder den Arzt daher darüber informieren.

Auch eine stark sojareiche Ernährung kann zum Beispiel zu einem erhöhten Bedarf an Schilddrüsenhormonen führen. Denn Soja enthält Stoffe, die den durch die Gabe von L-Thyroxin gewünschten Anstieg der Schilddrüsenhormon-Konzentrationen im Blut hemmen oder diesen gar senken.

L-Thyroxin kann die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen

Umgekehrt kann L-Thyroxin die Wirkung anderer Arzneimittel abschwächen oder verstärken. Dazu gehören so genannte Antidiabetika, das heißt Arzneimittel gegen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). In Kombination mit L-Thyroxin ist die verminderte Wirkung der blutzuckersenkenden Medikamente, zum Beispiel Metformin oder Insulin, möglich. Das bedeutet, dass der Blutzuckerspiegel nicht ausreichend gesenkt wird.

Anders verhält es sich bei Arzneimitteln, die die Blutgerinnung hemmen. Bei Cumarinderivaten, wie dem Vitamin-K-Antagonisten Phenprocoumon, kann der gerinnungshemmende Effekt durch L-Thyroxin verstärkt werden, wodurch das Risiko zum Beispiel von Blutungen im Gehirn oder im Gastrointestinaltrakt zunimmt. Die Ärztin oder der Arzt wird daher insbesondere zu Beginn der Therapie die Blutwerte regelmäßig kontrollieren und gegebenenfalls die Dosis der jeweiligen Arzneimittel anpassen.

Dosis nicht eigenständig ändern

Nicht in jedem Fall muss es zu den beschriebenen Wechselwirkungen kommen. Veränderungen der Schilddrüsenhormonwerte sind grundsätzlich auch aufgrund anderer Vorgänge im Körper möglich. Dies kann im Einzelfall nur durch die Kontrolle der entsprechenden Blutwerte festgestellt werden. Daher sollten Patientinnen und Patienten unter keinen Umständen eigenständig die Dosierung ihres L-thyroxinhaltigen Arzneimittels oder anderer Medikamente ändern.

Autorin:
Dr. rer. nat. Christiane Eckert-Lill
Geschäftsführerin Pharmazie
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V.

Dr. rer. nat. Christiane Eckert-Lill

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Quellen:

  1. Mutschler E., Geisslinger G., Menzel S. et al. (2020): Arzneimittelwirkungen. Eschborn: Govi-Verlag
  2. Fachinformationen der Hersteller von L-Thyroxin-Präparaten
  3. Moll D. (2023): Änderungen der Produktinformation: Biotin, Johanniskraut und PPI – neue Wechselwirkungshinweise für L-Thyroxin. Verfügbar unter: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/01/17/biotin-johanniskraut-und-ppi-neue-wechselwirkungshinweise-fuer-l-thyroxin
  4. Skelin M. et al. (2017): Factors Affecting Gastrointestinal Absorption of Levothyroxine: A Review, Clinical Therapeutics 39 (2), P:378-403

Letzte Aktualisierung: 21.11.2023