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ADHS: Welche Rolle spielt die Schilddrüsenfunktion?
Die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung, kurz ADHS, ist eine der am häufigsten auftretenden psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen – schätzungsweise zwei bis sechs Prozent erhalten die Diagnose. Die jungen Betroffenen leiden unter einer Kombination aus enormem Bewegungsdrang, verminderter Konzentrationsfähigkeit und unbedachtem, impulsivem Handeln.1 Es ist bisher noch unklar, wie genau Schilddrüsenerkrankungen mit dem Auftreten einer ADHS zusammenhängen. Jedoch gilt als gesichert, dass eine gesunde Schilddrüsenfunktion essenziell ist für eine normale Gehirnentwicklung.
Schilddrüsenhormone und ADHS
Wissenschaftliche Studien geben Hinweise darauf, dass eine Verbindung zwischen der Schilddrüsenfunktion und dem Auftreten einer ADHS bestehen könnte: So scheint das ADHS-Risiko bei Neugeborenen mit niedrigen Werten des Thyroidea-stimulierenden Hormons (TSH) erhöht zu sein. Diese Beziehung wurde jedoch hauptsächlich bei Mädchen festgestellt.2 In einer weiteren Studie fanden Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen den Schilddrüsenwerten TSH, fT3 (freies Trijodthyronin) und fT4 (freies Thyroxin, Tetrajodthyronin) im Blut und der Möglichkeit einer Erkrankung. So war bei den 11.588 Kindern und Jugendlichen, von denen 572 eine ADHS-Diagnose und 559 ADHS-Symptome hatten, ein niedrigerer TSH-Wert mit einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit einer Diagnose verknüpft. Zudem hingen höhere fT3-Werte mit stärkeren ADHS-Symptomen, wie Störungen der Aufmerksamkeit und motorischer Unruhe, zusammen.3
Schilddrüsengesundheit der Mutter beeinflusst das ADHS-Risiko der Kinder
Auch die mütterliche Schilddrüsenfunktion könnte die Entstehung einer ADHS-Erkrankung bereits im Mutterleib beeinflussen. Diesbezüglich kam eine groß angelegte Studie mit 385.542 Kindern zu dem Ergebnis, dass die Diagnose einer mütterlichen Schilddrüsenunterfunktion mit einem erhöhten ADHS-Risiko der Kinder verbunden war.4 Üblicherweise wird eine Schilddrüsenunterfunktion durch die Gabe von Schilddrüsenhormonen (Levothyroxin) behandelt. Jedoch hatten die medikamentöse Einnahme von Levothyroxin und die Schilddrüsenhormonspiegel der Schwangeren in der Studie keinen Einfluss auf die ADHS-Wahrscheinlichkeit des Kindes. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass eine mütterliche Schilddrüsenunterfunktion zwar mit dem ADHS-Risiko des Kindes zusammenhängt, diese aber vermutlich kein direkter Auslöser der ADHS-Erkrankung ist. Somit könnte die Schilddrüsenunterfunktion der Mutter bei alledem lediglich stellvertretend für andere, bisher unbekannte Faktoren stehen. Diese wirken wiederum scheinbar über schilddrüsenhormonunabhängige Wege auf die neuronale Entwicklung des Kindes ein, weshalb sie auch von einer medikamentösen Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion unbeeinflusst bleiben. Um die bestehenden Wissenslücken zu schließen, bedarf es weiterer Forschung.
Autoren:
Dr. Friederike Eilsberger
Ärztin, Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Marburg
Prof. Dr. med. Markus Luster
Direktor der Klinik für Nuklearmedizin Universitätsklinikum Marburg
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Quellen:
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/kindergesundheit/aufmerksamkeitsdefizitsyndrom.html (zuletzt aufgerufen am 16.08.2022)
- Villanger GD, Ystrom E, Engel SM, Longnecker MP, Pettersen R, Rowe AD, Reichborn-Kjennerud T, Aase H. Neonatal thyroid-stimulating hormone and association with attention-deficit/hyperactivity disorder. Paediatr Perinat Epidemiol. 2020 Sep;34(5):590-596. doi: 10.1111/ppe.12643. Epub 2020 Feb 18. PMID: 32072662; PMCID: PMC7431377.
- Albrecht D, Ittermann T, Thamm M, Grabe HJ, Bahls M, Völzke H. The association between thyroid function biomarkers and attention deficit hyperactivity disorder. Sci Rep. 2020 Oct 26;10(1):18285. doi: 10.1038/s41598-020-75228-w. PMID: 33106555; PMCID: PMC7588469.
- Rotem RS, Chodick G, Davidovitch M, Bellavia A, Weisskopf MG. Maternal Thyroid Anomalies and Attention-Deficit Hyperactivity Disorder in Progeny. Am J Epidemiol. 2022 Feb 19;191(3):430-440. doi: 10.1093/aje/kwab272. PMID: 34791037; PMCID: PMC9004735.
Letzte Aktualisierung: 15.03.2023