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Thyreotoxische Krise – wie kommt es dazu?

Bei einer thyreotoxischen Krise kommt es zu einer akuten, maximalen Intensivierung der vorherrschenden Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Sie tritt bei weniger als ein bis zwei Prozent der Patientinnen und Patienten auf, die stationär wegen einer bestehenden Hyperthyreose behandelt werden und ist noch immer ein lebensbedrohliches Krankheitsbild: Das Risiko daran zu versterben, liegt abhängig vom Krankheitsstadium bei 10 bis 30 Prozent.1,2 Die Ursachen sind vielfältig.

Auslöser einer thyreotoxischen Krise

Die Ursache für die bestehende Schilddrüsenüberfunktion der Patientinnen und Patienten bildet fast immer eine unbehandelte Schilddrüsenautonomie oder eine Autoimmunerkrankung vom Typ Morbus Basedow. Entgleist diese zugrundeliegende Hyperthyreose im medizinischen Sinne, spricht man von einer thyreotoxischen Krise. Als Auslöser kommen verschiedene körpereigene und umweltbedingte Faktoren in Frage. Als häufigste gelten eine bis zu zwölf Wochen zurückliegende, extrem hohe Jodzufuhr, zum Beispiel durch die Einnahme jodhaltiger Röntgenkontrastmittel oder Medikamente, und Infektionen wie zum Beispiel Lungenentzündungen oder Harnwegsinfekte. Aber auch Entgleisungen des Stoffwechsels, wie sie im Verlauf von Diabeteserkrankungen auftreten können, oder auch schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse (z. B. Herzinfarkte oder Schlafanfälle), Entbindungsstress, emotionaler Stress, chirurgische Eingriffe und physische Traumata gehören zu den möglichen Auslösern. Betroffen sind zumeist ältere Patientinnen und Patienten, gerade im Alter ab 60 Jahren sowie vornehmlich Frauen (3-fach häufiger).3

Thyreotoxische Krise als maximale Ausprägung einer Schilddrüsenüberfunktion

Normalerweise liegen über 99 Prozent der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Tetrajodthyronin (T4, Thyroxin) in eiweißgebundener Form im Blut vor.4 Nur bei Bedarf werden diese vom Körper in ihre freie Form umgewandelt (fT3; fT4). Nun wird angenommen, dass die bereits beschriebenen Umstände die Eiweißbindung der Schilddrüsenhormone derart rapide behindern beziehungsweise auflösen, dass es kurzfristig zu einem massiven Anstieg freier, sprich nicht mehr an Eiweiß gebundener Schilddrüsenhormone kommt. Die Folgen dieses plötzlichen und übermäßigen Anstiegs der freien Schilddrüsenhormone im Blut wirken wie eine maximal ausgeprägte Schilddrüsenüberfunktion auf den Körper. Daher äußert sich eine thyreotoxische Krise meist mit folgenden Beschwerden:5

  • Entgleisung der Regulation der Körpertemperatur mit Fieber bis zu 41 Grad,
  • rasch zunehmende Bewusstseinstrübung bis hin zu Koma,
  • mitunter auch völlige Teilnahmslosigkeit (Apathie),
  • den Magen-Darm-Trakt betreffende Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und starke Unterleibsschmerzen,
  • und das Herz-Kreislauf-System betreffende Symptome wie ein schneller Herzschlag bis hin zu Vorhofflimmern.

 

Die Behandlung der thyreotoxischen Krise erfolgt stationär

Die thyreotoxische Krise erfordert eine umgehende intensivmedizinische Behandlung mit dem Ziel, die lebensbedrohliche Wirkung der übermäßig vorhandenen, freien Schilddrüsenhormone wieder in den Griff zu bekommen. So sollen zum Beispiel Betablocker und Steroide die Hormonwirkung im Körper blockieren sowie Thyreostatika die Bildung weiterer Schilddrüsenhormone in der Schilddrüse selbst hemmen. Begleitende Beschwerden, wie beispielsweise Störungen des Magen-Darm-Trakts, werden ebenfalls behandelt. Bei ausbleibender Besserung nach 24 Stunden sollte als letzter Schritt die Schilddrüse in einer Notfall-Operation entfernt werden.6

Autor:
Priv.-Doz. Dr. med. habil. Stefan Karger
Niedergelassener Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Osteologie DVO, Leipzig

Prof. Dr. med. P. E. Goretzki

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Quellen:

  1. Chiha et al. Thyroid storm: an updated review. J Intensive Care Med 2015; 30:131-140.
  2. Reichmann et al. Early operation as a treatment measure in thyrotoxic crisis. Chirurg 2001; 72:402-407.
  3. Statistisches Bundesamt. Tiefgegliederte Diagnosedaten der Krankenhauspatientinnen und -patienten 2021. 2023, Wiesbaden.
  4. Jameson JL, Mandel SJ, Weetman AP: Erkrankungen der Schilddrüse. In Kasper DL et al. HARRISONS Innere Medizin. 19. Auflage., Band. 3, 2016, ABW Wissenschaftsverlag Berlin
  5. Herrmann J. Recent aspects in the therapy of thyreotoxic crisis. Dtsch Med Wochenschr 1978; 103:166-174.
  6. Scholz et al. Is there a place for thyroidectomy in older patients with thyrotoxic storm and cardiorespiratory failure? Thyroid 2003; 13:933-940.

Letzte Aktualisierung: 23.08.2023