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Haarausfall durch Schilddrüsenerkrankungen: Ursachen und Behandlung
Volles und kräftiges Haar – für viele ein Symbol für Jugend, Schönheit und Vitalität. Doch kommt der natürliche Haarwachstumszyklus aus dem Takt und es folglich zu einem vermehrten Haarausfall, bedeutet das für viele Betroffene einen hohen Leidenstruck: Die Sorge um das eigene Erscheinungsbild und vor dauerhaftem Haarverlust ist groß. Die Ursachen für Haarausfall sind vielfältig. Da die Schilddrüse mit ihren Hormonen das Haarwachstum beeinflusst, gehören auch Schilddrüsenfunktionsstörungen zu den möglichen Auslösern für Haarausfall. Eine erfolgreiche Behandlung der ursächlichen Schilddrüsenerkrankung stoppt in aller Regel den Haarverlust und lässt die verlorenen Haare wieder nachwachsen.
Einfluss der Schilddrüsenhormone auf das Haarwachstum
In den menschlichen Haarfollikelzellen wird das Haar gebildet und dort ist auch die Haarwurzel verankert. Diese Zellen besitzen Rezeptoren, an die die Schilddrüsenhormone binden können. Die dadurch ausgelösten Signale und Prozesse wirken sich direkt auf das natürliche Haarwachstum aus. Ebenso beeinflussen die Regelhormone der Schilddrüse – genauer das Thyreotropin-Releasing Hormon (TRH) und Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) – wichtige Prozesse im Haarwachstumszyklus. Beispielsweise sind sie indirekt an dem Wachstum der Haarfollikelzellen, der Bildung des Haarbestandteils Keratin und der Energieversorgung der Haarzellen beteiligt.
Haarausfall – möglicher Hinweis auf eine Schilddrüsenerkrankung
Gerät die Schilddrüse aus dem Takt, sind die Schilddrüsenhormone in der Folge meist übermäßig viel oder zu gering im Blut vorhanden. Das kann das Haarwachstum empfindlich beeinträchtigen: Typische Veränderungen der Haare und ein vermehrter Haarausfall zählen daher zu den Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder -überfunktion (Hyperthyreose):
Bei einer Unterfunktion fallen die Haare zunehmend aus, da sich die Haarzellen vermehrt in einer Ruhephase befinden und das Haarwachstum verlangsamt ist. Darüber hinaus werden die Haare spröde und brüchig. Bei einer ausgeprägten Funktionsstörung zeigt sich zudem häufig ein seitlich betonter Ausfall der Augenbrauen.
Dünner werdendes und diffus ausfallendes Haar deutet hingegen auf eine Schilddrüsenüberfunktion hin. Vorübergehend kommt es nämlich zu einer Wachstumsbeschleunigung der Haarzellen mit einem verkürzten Lebenszyklus der Haare. Je stärker die Überfunktion ausgeprägt ist, desto kräftiger macht sich der Haarausfall bemerkbar.
Starke Schilddrüsenüberfunktionen treten meist bei einem Morbus Basedow auf. Bei dieser Autoimmunerkrankung führen spezifische Antikörper gegen den TSH-Rezeptor zu einer vermehrten Produktion von Schilddrüsenhormonen. Auch bei der Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis kann es zu Beginn zu einer Überfunktion kommen. Langfristig entwickeln aber viele der Patientinnen und Patienten mit einer Hashimoto-Thyreoiditis nach einer etwa sechswöchigen Überfunktionsphase eine behandlungsbedürftige Schilddrüsenunterfunktion. Eine solche Störung betrifft auch rund fünf bis sieben Prozent aller Frauen nach der Geburt – die sogenannte Postpartum-Thyreoiditis. Ohnehin kommt es nach einer Geburt durch den Abfall der schwangerschaftsbedingt hohen Östrogenwerte oftmals zu einem gewissen Haarausfall. Eine Postpartum-Thyreoiditis kann diesen noch deutlich verstärken. Darüber hinaus können „heiße“ Schilddrüsenknoten (Autonome Adenome) ebenfalls eine Überfunktion und damit einen verstärkten Haarausfall verursachen. Diese Funktionsstörung entsteht jedoch eher langsam und betrifft insbesondere ältere Menschen.
Erfolgreiche Behandlung – normales Haarwachstum
Die gute Nachricht: Schilddrüsenfunktionsstörungen sorgen in der Regel für keinen dauerhaften Haarverlust. Nach erfolgreicher Behandlung der ursächlichen Schilddrüsenerkrankung und der Normalisierung der Schilddrüsenwerte wachsen die ausgefallenen Haare meist wieder nach – auch nach länger anhaltenden Funktionsstörungen. Abhängig von der jeweiligen Erkrankung kommen unterschiedliche Therapieansätze in Frage:
- Morbus Basedow: Behandelt wird zunächst mit Schilddrüsenhemmern (Thyreostatika), welche die Schilddrüsenfunktion blockieren. Allerdings ist eine mögliche Nebenwirkung der Medikamente in seltenen Fällen ein geringer Haarausfall. Schlägt die Therapie nach einer ein- bis zweijährigen Behandlungsphase nicht an, folgt entweder eine Radiojodtherapie oder eine operative Entfernung der Schilddrüse.
- Schilddrüsenautonomien / heiße Schilddrüsenknoten: Zur Behandlung der akuten Überfunktion werden anfänglich Thyreostatika eingesetzt. Da die Autonomien nicht spontan heilen, schließt sich in der Regel schnell eine Radiojodtherapie, operative Entfernung oder als neue Therapieform eine sogenannte Thermoablation oder Radiofrequenzablation als definitive Behandlung an.
- Hashimoto-Thyreoiditis: Die vorübergehende Schilddrüsenüberfunktion wird nur symptomatisch mit Betablockern behandelt, um den schnellen Pulsschlag zu verlangsamen und Herzrhythmusstörungen zu verhindern. Langfristig kommt es meist zur Unterfunktion.
- Schilddrüsenunterfunktion: Die Behandlung der Unterfunktionen erfolgt in der Regel durch die Gabe von Schilddrüsenhormonen (z. B. L-Thyroxin).
Generell gilt: Je früher gehandelt wird, desto schneller lässt sich weiterem Haarausfall vorbeugen. Denn es kann mitunter Jahre dauern, bis die Haare in Länge und Volumen wieder nachgewachsen sind. Der frühzeitige Gang zur Ärztin oder zum Arzt kann somit der erste Schritt zu einer erfolgreichen Behandlung des Haarausfalls sein.
Über das Thema „Haarausfall durch Schilddrüsenprobleme“ spricht Prof. Dr. Joachim Feldkamp, Sprecher des Forum Schilddrüse, auch im Experten-Podcast mit Balance Beauty Time.
Autor:
Univ.-Prof. Dr. med. Joachim Feldkamp
Direktor der Universitätsklinik für Endokrinologie und Diabetologie, Allgemeine Innere Medizin, Infektiologie
Klinikum Bielefeld
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Quellen:
- Jameson JL, Mandel SJ, Weetman AP: Erkrankungen der Schilddrüse. In Kasper DL et al. HARRISONS Innere Medizin. 19. Auflage., Band. 3, 2016, ABW Wissenschaftsverlag Berlin
- Feldkamp J.: Gut leben mit Hashimoto. 1. Auflage, 2018, TRIAS Verlag, Stuttgart
Letzte Aktualisierung: 11.07.2023