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Langzeitwirkung von Checkpoint Inhibitoren auf die Schilddrüse

Der Einsatz sogenannter „Checkpoint Inhibitoren“ zur Behandlung von bestimmten Tumorarten hat die Therapiemöglichkeiten in der Onkologie (Krebsmedizin) innerhalb der letzten Jahre nahezu revolutioniert. Sie aktivieren das körpereigene Immunsystem zur Bekämpfung von Krebszellen. Allerdings können diese speziellen Wirkstoffe zu potenziellen Nebenwirkungen führen – dazu zählt auch eine mögliche Schilddrüsenfunktionsstörung.

Was sind Immun-Checkpoints und Checkpoint Inhibitoren?

Wie es der englische Begriff „Immun-Checkpoints“ schon andeutet, sind sie wichtige Kontrollpunkte des Immunsystems. Genauer handelt es sich dabei um spezielle Strukturen auf der Oberfläche von Zellen (Oberflächenrezeptoren), an welche passende Bindungspartner (Liganden) andocken können. Der so entstandene Komplex signalisiert dem Immunsystem „Freund“ und soll verhindern, dass das Immunsystem körpereigene Zellen attackiert. Diese Eigenschaft machen sich aber auch manche maligne (bösartige) Tumore zu Nutzen, zum Beispiel bestimmte Formen von Haut- oder Lungenkrebs. Bestimmte Strukturen der Krebszellen sprechen ebenfalls die Immun-Checkpoints an, wodurch das Immunsystem sie unbehelligt lässt. Hier kommen die Checkpoint-Inhibitoren ins Spiel, die das verhindern sollen. Die Arzneistoffe hemmen die Bindung zwischen Immunzelle und Checkpoint-Rezeptoren und ermöglichen somit eine Immunantwort gegen das Tumorgewebe.

Schilddrüsenfunktionsstörung als potenzielle Nebenwirkung

Die häufigste Nebenwirkung einer Therapie mit Checkpoint Inhibitoren ist die Entwicklung einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Je nach Wirkstoff oder Wirkstoffkombination liegt die Neuerkrankungsrate (Inzidenz) bei sechs bis zehn Prozent. Ursache dafür ist typischerweise eine schmerzlose Entzündung der Schilddrüse (Thyreoiditis), die etwa vier bis sechs Wochen nach der Zweitgabe der jeweiligen Immuntherapie auftritt. Die Thyreoiditis geht mit einem Verlust an Schilddrüsengewebe einher, was anfangs zu einer milden, meist kaum bemerkbaren Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) und mittelfristig zu einer Unterfunktion führen kann. In seltenen Fällen tritt eine Thyreoiditis de Quervain auf, eine spezielle Form der Schilddrüsenentzündung mit typischen lokalen Schmerzsymptomen. Darüber hinaus kann unter der Immuntherapie auch eine Autoimmunhyperthyreose vom Typ Morbus Basedow entstehen. Als Risikofaktoren für die Entwicklung einer Schilddrüsenfunktionsstörung gelten vorbestehende Autoimmunerkrankungen und insbesondere der positive Nachweis von Antikörpern (TPO-Antikörper) gegen die thyreoidale Peroxidase – ein Enzym, das bei der Bildung der Schilddrüsenhormone eine wichtige Rolle spielt.

Die Behandlung der Thyreoiditis

Die Therapie unterscheidet sich in der Regel nicht von anderen Verlaufsformen der Thyreoiditis, bei denen es zum Gewebsverlust kommt. In der ersten Phase einer meist milden Schilddrüsenüberfunktion lässt sich begleitendes Herzrasen (Tachykardie) mithilfe von Betablockern gut behandeln. Im weiteren Verlauf kann auf ärztliche Anweisung häufig das Medikament langsam abgesetzt werden. Im Falle einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion erfolgt eine alters- und bedarfsangepasste Behandlung mit Schilddrüsenhormonen (L Thyroxin). Eine spontane Erholung der Schilddrüsenfehlfunktion bei milden Nebenwirkungen ist allerdings auch möglich.

Autorin:
PD Dr. med. Beate Quadbeck,
Endokrinologin, Düsseldorf

PD Dr. med. Beate Quadbeck

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Quellen:

  1. Yamauchi I, Yasoda A, Matsumoto S et al. Incidence, features, and prognosis of immune-related adverse events involving the thyroid gland induced by nivolumab. PLoS One. 2019; 14: eO216954
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Letzte Aktualisierung: 15.05.2023