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Schilddrüsenfunktionsstörungen und ihre Auswirkungen
Störungen der Schilddrüsenfunktion können sich auf eine Vielzahl von Organsystemen, einzelne Organe und Körperfunktionen auswirken, und dadurch das allgemeine Befinden der Patientinnen und Patienten stören. Art und Ausmaß der Beschwerden hängen dabei unter anderem von der Form der Schilddrüsenfunktionsstörung (Über- oder Unterfunktion), dem Lebensalter sowie dem Allgemeinzustand der betroffenen Person ab.
Für eine Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose) sind erniedrigte Werte des Thyreoidea stimulierenden Hormons (TSH), welches die Produktion der Schilddrüsenhormone regelt, sowie erhöhte Blutkonzentrationen der freien Schilddrüsenhormone Thyroxin (fT4) und Trijodthyronin (fT3) charakteristisch. Die Ursache der erhöhten Schilddrüsenhormonwerte können sowohl
Erkrankungen wie ein Morbus Basedow oder eine Schilddrüsenautonomie als auch eine überdosierte Behandlung mit Schilddrüsenhormonen sein. Grundsätzlich werden bei einer Schilddrüsenüberfunktion die Organsysteme aktiviert, wodurch Energie nicht mehr optimal in Gewebefunktion umgesetzt wird. Durch einen angeregten Zellstoffwechsel kommt es zu einem unnötig erhöhten Sauerstoffverbrauch, welcher Beschwerden wie körperliche Leistungsschwäche, Herzklopfen, Müdigkeit, Hitzeempfinden, vermehrtes Schwitzen, innere Unruhe und Konzentrationsstörungen hervorrufen kann.
Bei der Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) sind das freie T4 und T3 erniedrigt, wohingegen der TSH-Wert erhöht ist. Zu ihren Auslösern gehören zum Beispiel eine Hashimoto- Thyreoiditis oder ein schwerer Jodmangel. In der Folge der Unterfunktion fehlen dem Körper aktivierende Impulse. Deshalb kommt es ebenfalls zu einer Leistungsminderung, die verschiedene Ausprägungen annehmen kann. Besonders gravierend sind die Folgen einer Schilddrüsenunterfunktion für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Dazu zählen Störungen der Gehirnreifung beispielsweise infolge eines Jodmangels im Mutterleib oder in den ersten Lebensjahren danach.
Auswirkungen auf zentrale Körpersysteme
Hyper- und Hypothyreosen können aber auch zu spezifischen Beeinträchtigungen einzelner Organsysteme und Körperfunktionen führen. Hier ein Überblick zu den wichtigsten Organen und Körperfunktionen:
Herz-Kreislaufsystem
Die erhöhten Hormonwerte bei einer Schilddrüsenüberfunktion begünstigen einen beschleunigten Herzschlag. In schweren Fällen kommt es dabei zu einer unkoordinierten Arbeit der Muskelfasern in den Vorkammern des Herzens, dem so genannten Vorhofflimmern. Die Herztätigkeit kann dadurch so ineffizient werden, dass der Körper nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt wird und eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) entsteht. Die kann wiederum mit einem Engegefühl in der Brust (Angina pectoris) verbunden sein. Auch Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) ist eine mögliche Folge einer Schilddrüsenüberfunktion.
Typische Kennzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion am Herzen sind hingegen ein verlangsamter Puls (Bradykardie), Veränderungen des elektrischen Herzsignals im Elektrokardiogramm (EKG) sowie eine Beeinträchtigung der Herzmuskelfunktion.
Muskuloskelettales System
Eine Hyperthyreose kann auch die Bewegungsmuskulatur des Körpers beeinflussen und zum Beispiel die Gangsicherheit beeinträchtigen. In schweren Fällen löst die Überfunktion einen sichtbaren Abbau der Muskulatur (Muskelatrophie) aus. Darüber hinaus ist der Knochenstoffwechsel erhöht. Dies führt dazu, dass sowohl Ab- als auch Aufbauvorgänge beschleunigt verlaufen, in der Summe jedoch die Abbauvorgänge überwiegen. Langfristig nehmen dadurch die Knochendichte und -stabilität ab.
Bei Schilddrüsenerkrankungen, die die Symptome einer Unterfunktion verursachen, treten häufig Schmerzen in Muskeln und Gelenken auf. Darüber hinaus kommt es zu Störungen des Knochen- und Knorpelaufbaus.
Nervensystem und Psyche
Die Schilddrüsenüberfunktion gilt als eine organische Ursache für psychosomatische Beschwerden, wie Zittern, Nervosität, körperliche und psychische Unruhe, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit und Schlafstörung. Im Alter können die Auswirkungen zu hoher Schilddrüsenhormonwerte unter Umständen eine Demenz vortäuschen. Auf der anderen Seite kommen Antriebslosigkeit, Verlangsamung, Depressionen und Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit bis hin zum scheinbaren Vorliegen einer Demenz als Folgen einer Hypothyreose in Betracht. Da die Symptome einer Schilddrüsenfunktionsstörung denen einer psychischen Erkrankung ähneln können, ist eine eingehende Untersuchung notwendig, um die Krankheitsbilder voneinander abzugrenzen und zu einer klaren Diagnose zu gelangen.
Weitere Auswirkungen von Schilddrüsenfunktionsstörungen
Auch der Energiestoffwechsel kann von Funktionsstörungen der Schilddrüse beeinflusst werden. Eine Hyperthyreose führt tendenziell trotz gesteigerten Appetits zu einem Abbau der Fettreserven. Blutfettwerte, wie zum Beispiel Cholesterin, sind oft bei einer Schilddrüsenunterfunktion erhöht und können zu einer Schädigung der Blutgefäße (Arteriosklerose) beitragen. Der eingangs erwähnte höhere Energieverbrauch in den Zellen löst Hitzegefühl und vermehrtes Schwitzen aus. Typisch für eine Hypothyreose sind eine Zunahme des Körpergewichts, ein verminderter Energieumsatz in den Körperzellen und Kältegefühl.
Darüber hinaus können eine Über- und Unterfunktion zu einer gestörten Blutbildung führen sowie Verdauungs- und Darmprobleme begünstigen. Ebenso wirken sie sich auf die Haut, Haare und Fingernägel aus. Zu guter Letzt können sie auch den Menstruationszyklus, die Furchtbarkeit sowie die Sexualfunktion negativ beeinflussen.
Fachliche Unterstützung durch:
Prof. Dr. med. Markus Luster
Direktor der Klinik für Nuklearmedizin
Universitätsklinikum Marburg
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Quellen:
- Hörmann R, Schumm-Draeger PM. Organkomplikationen der Hyperthyreose. Internist 2010; 51: 596–602. URL:http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20358171
- Hintze G, Derwahl M. Hypothyreose. Von der latenten Funktionsstörungzum Koma. Internist 2010; 51: 568–573. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20372870
- Kahaly GJ, Dillmann WH. Thyroid Hormone Action in the Heart.Endocrine Reviews 2005; 26: 704-728. URL:https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15632316
Letzte Aktualisierung: 18.07.2024