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WAS PASSIERT BEI REGELMÄSSIGER EINNAHME ZU HOHER JODMENGEN?

Die Schilddrüse benötigt Jod um Schilddrüsenhormone zu produzieren. Damit beeinflusst sie zahlreiche Stoffwechselvorgänge. Jod ist deshalb ein essentieller Bestandteil unserer Ernährung. Nehmen wir mehr Jod auf als nötig, wird dieses im Allgemeinen einfach über die Nieren ausgeschieden. Allerdings kann eine regelmäßige Zufuhr sehr hoher Jodmengen zu Schilddrüsenfunktionsstörungen führen.

Schilddrüsenerkrankungen bleiben aufgrund der häufig unspezifischen Symptome oft unentdeckt. Gerade in Deutschland kommen sie jedoch vermehrt vor (hohe Prävalenz). Das ist auf einen jahrelang vorherrschenden Jodmangel innerhalb der Bevölkerung zurückzuführen, denn Jod ist ein essentieller Bestandteil bei der Produktion von Schilddrüsenhormonen im Körper. Die Hauptquelle für Jod stellt unsere Nahrung dar. Für Erwachsene empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine tägliche Jodaufnahme von 200 µg, wobei eine Aufnahme bis zu 500 µg als ungefährlich gilt – auch für Menschen die empfindlich auf eine Jodbelastung reagieren (1). Bei Einnahme größerer Mengen an Jod, zum Beispiel durch Röntgenkontrastmittel oder bestimmte Medikamente, können Erkrankungen wie Über- und Unterfunktion der Schilddrüse auftreten (2).

SCHILDDRÜSENUNTERFUNKTION DURCH ZU VIEL JOD

Die Schilddrüse besitzt einen Schutzmechanismus, den Wolff-Chaikoff-Effekt, der bei hohen Jodspiegeln im Blut die Aufnahme des Jods in die Schilddrüse, sowie die Produktion weiterer Schilddrüsenhormone bremst (3). Während gesunde Schilddrüsenzellen es schaffen, diesen Mechanismus nach einigen Tagen zu überwinden, verbleiben bei manchen Patienten die Schilddrüsenzellen zu lange in diesem gebremsten Zustand und es entwickelt sich eine Schilddrüsenunterfunktion. In den meisten Fällen erholt sich diese jedoch von selbst wieder.

SCHILDDRÜSENÜBERFUNKTION DURCH ZU VIEL JOD

Problematischer sind hohe Jodmengen bei einer bereits bestehenden unerkannten Überfunktion der Schilddrüse oder bei heißen Knoten. Die Jodzufuhr regt die Produktion von Schilddrüsenhormon an. Während gesunde Zellen durch das Schilddrüsen-Steuerhormon TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon) reguliert werden und nur dann produzieren, wenn Bedarf besteht, geben „erkrankte“ Schilddrüsenzellen ungebremst Hormone ins Blut ab. In diesen Fällen kann eine zu hohe Jodzufuhr eine manifeste Hyperthyreose auslösen. Im Extremfall kommt es zu einer thyreotoxischen Krise mit ernsthaften Konsequenzen und lebensbedrohlichen Folgen, wie neurologischen Ausfällen (z.B. Koma) (4).

In der Praxis überprüfen Mediziner daher die Schilddrüsenfunktion vor der Gabe größerer Mengen Jod, wie sie in Röntgenkontrastmitteln oder bestimmten Medikamenten enthalten sind. Die selbstständige Einnahme größerer Mengen Jod wie zum Beispiel durch den Arzt Dr. Brownstein empfohlen, sollte bei fehlender Evidenzlage kritisch betrachtet werden.

Autor:
Prof. Dr. med. Markus Luster
Facharzt für Nuklearmedizin
Universitätsklinikum Marburg

Prof. Markus Luster

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Quellen:

(1) Information des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu Jod: https://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/jod-4600.html (zuletzt abgerufen am 23.04.2020)
(2) Eilsberger F, Luster M, Feldkamp J. Jodinduzierte Schilddrüsendysfunktion. Med Klin Intensivmed Notfmed: accepted in press
(3) Wolff J, Chaikoff IL. Plasma Jodine as a homeostatic regulator of thyroid function. J Biol Chem. 1948;174:555-564
(4) Herrmann J. Neuere Aspekte in der Therapie der thyreotoxischen Krise. Dtsch Med Wochenschr  1978;103:166–174

Letzte Aktualisierung: 21.12.2020