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Mythen zur Schilddrüse – was ist dran?

Rund um die Schilddrüse finden sich zahlreiche Mythen. Besonders im Internet kursieren viele fragwürdige Fakten bezüglich des kleinen Organs. Auf welche Aussagen kann man vertrauen und wo sollte man lieber nochmal nachhaken? Hier sind fünf bekannte Schilddrüsen Mythen und was es damit auf sich hat.

Mythos 1: Wenn ich Schilddrüsenhormone einnehme, darf ich keine Sojaprodukte, keinen Kohl oder Haferflocken essen!

Wer Schilddrüsenhormone wie L-Thyroxin einnimmt, sollte diese immer mit einem Schluck Leitungswasser auf nüchternen Magen zu sich nehmen. Kaffee, Milch, Ballaststoffe, Kalzium- und Eisenpräparate können unter anderem die Aufnahme der Schilddrüsenhormone in den Dünndarm deutlich verringern. Deshalb ist es sinnvoll, auf einen zeitlichen Abstand zwischen der Einnahme von L-Thyroxin und diesen Nahrungsmitteln zu achten. Aktuelle Studien zeigen, dass der tägliche, normale Genuss von Fruchtsäften wie zum Beispiel Grapefruit die Wirkung der Schilddrüsenhormone nicht beeinflusst.1 Sojahaltige Produkte können die Aufnahme von Schilddrüsenhormonen verlangsamen und eine höhere Dosierung erfordern. Bei einer Umstellung der Ernährung, zum Beispiel weniger oder mehr Sojaprodukte, ist daher eine regelmäßige Stoffwechselkontrolle sinnvoll. So können Über- oder Unterdosierungen der Schilddrüsenhormone schnell erkannt und angepasst werden.

Mythos 2: Glutenfreie Ernährung ist wichtig bei einer Hashimoto Thyreoiditis oder heilt sie sogar!

Um einen Zusammenhang zwischen einer glutenfreien Ernährung und dem Verlauf einer Hashimoto Thyreoiditis herzustellen, gibt es zu wenig eindeutige Daten aus Studien, die eine klare Erklärung liefern könnten.

Mythos 3: Kein Jod bei einer Hashimoto Thyreoiditis!

Dieser Mythos ist im Zusammenhang mit der Schilddrüse besonders hartnäckig. Er stimmt aber nur teilweise! Eine massiv erhöhte Jodzufuhr kann eine Hashimoto Thyreoiditis verschlimmern.3 Wichtig ist es, zwischen einer „massiven“ und einer „normalen“ Jodzufuhr zu unterscheiden. Die von der DGE (Deutschen Gesellschaft für Ernährung) empfohlenen Werte für die Jodzufuhr von Erwachsenen (200 Mikrogramm pro Tag), sind über die normale Ernährung kaum zu erreichen. Eine jodarme Ernährung ist bei einer Hashimoto Thyreoiditis also nicht notwendig. Eine zusätzliche Jodsupplementierung ist jedoch nicht vorteilhaft und möglicherweise schädlich. Eine Ausnahme bildet hier die Schwangerschaft. Zur Entwicklung eines gesunden Kindes sollte eine Supplementierung von Jod dringend erfolgen.

Mythos 4: Bei der Feinnadelbiopsie wird der Knoten „getriggert“!

Bei der Feinnadelbiopsie werden mit einer sehr dünnen Nadel einzelne Zellen aus den Knoten entnommen, um das Gewebe untersuchen zu können. Dieser Eingriff kann einen Knoten jedoch nicht zum Wachstum anregen. Es liegt kein Mechanismus vor, durch den der Knoten einen Wachstumsanreiz bekommt. Sehr selten kann es, bei Vorliegen eines bösartigen Knotens, zu sogenannten Stichkanal-Metastasen kommen, diese sind allerdings chirurgisch entfernbar.

Mythos 5: Wenn die Schilddrüsenwerte nicht in einem bestimmten Bereich liegen, bin ich krank!

Ein medizinischer Referenzbereich entsteht durch die Sammlung der Werte vieler gesunder Menschen. Dadurch lässt sich die Aussage treffen, dass die Werte von gesunden Menschen etwa in diesem Bereich liegen. Die Grenzen variieren zwischen den verschiedenen Bestimmungsmethoden und den unterschiedlichen Laboren. Darüber hinaus hat unter anderem das Alter einen Einfluss auf den TSH-Referenzbereich. Die Laborwerte einer Person lassen sich daher nur individuell im Zusammenhang mit den Symptomen interpretieren. So kann es sein, dass die gleichen Werte unterschiedliche Auswirkungen für verschiedene Personen haben.

Autorin:
Dr. Friederike Eilsberger
Ärztin, Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum
Marburg

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Quellen:

1 (Wiesner et al. 2021)
2 (Otun et al. 2019)
3 (Poblocki et al. 2021)
4 (Liontiris et al. 2017)

Letzte Aktualisierung: 26.08.2022