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Das Onkozytom der Schilddrüse (Hürthle Zell Tumor)

Schilddrüsentumore sind selten und das Onkozytom der Schilddrüse, beziehungsweise der Hürthle-Zell-Tumor, ist noch seltener. Die Unterschiede zu anderen Tumorarten der Schilddrüse liegen vor allem in den veränderten Zellen, dem Weg der Verbreitung (Metastasierung) sowie der passenden Behandlung.

Was zeichnet ein Onkozytom aus?

Schilddrüsenkrebs ist selten und über 90 Prozent dieser Tumore entstehen aus den Zellen der obersten Schicht der Schilddrüsenfollikel, den sogenannten Thyreozyten, in denen die Synthese der Schilddrüsenhormone stattfindet. Diese Tumore werden insgesamt als differenzierte Schilddrüsenkrebse bezeichnet. Trotz der Seltenheit dieser Tumore gibt es mehrere verschiedene Unterarten, die follikulären (5-20%), papillären (50-80%) und onkozytären (2-5%) Formen der differenzierten Schilddrüsenkarzinome.

Die Thyreozyten können Jod aufnehmen und an das charakteristische, von ihnen gebildete Protein Thyreoglobulin binden. Der Nachweis von Thyreoglobulin in der Blutbahn gilt deshalb als Hinweis auf (noch) vorhandene normale oder tumorartige Schilddrüsenfollikelzellen.

Etwa 2-5% der Schilddrüsentumore gehören zur onkozytären Form. Damit ist das sogenannte Onkozytom selten. Ebenso bekannt ist es auch als Hürthle-Zell-Tumor. Mediziner bezeichnen Hürthle-Zellen auch als wasserklare Zellen. Das beschreibt deren vergrößerten und aufgelockerten Zellkern, sowie die gesteigerte Anzahl größerer Mitochondrien in ihrem Inneren. Eine Erklärung für diese Veränderungen könnten genetische Abweichungen der Mitochondrien sein, die bisher jedoch nur bei einigen dieser Tumore nachgewiesen wurden.

Ein Tumor muss nicht bösartig sein

Die Onkozytome der Schilddrüse beziehungsweise die Hürthle-Zell-Tumore können als gutartige Wucherungen (Adenome) oder bösartige Gewebeveränderungen (Karzinome) auftreten. Dabei sind Adenome weitaus häufiger als Karzinome. Die Ausbreitung (Metastasierung) der Zellen bösartiger Onkozytome erfolgt sowohl über die Lymph- wie auch über die Blutwege und weist dann relativ häufig Knochenmetastasen auf. Das unterscheidet sie damit von anderen bösartigen Tumoren der Thyreozyten: Follikuläre Schilddrüsenkarzinome metastasieren in erster Linie über den Blutweg (hämatogen), papilläre Schilddrüsenkarzinome verbreiten sich hauptsächlich über die Lymphwege (lymphogen).

Therapie

Zeigen sich nach Feinnadelpunktion eines Schilddrüsenknoten onkozytär veränderte Thyreozyten, ist das immer als kritischer Befund zu werten. Es ist sinnvoll den Tumor vollständig zu entfernen. Anschließend erfolgt die Kontrolle des kompletten Tumorgewebes auf entsprechende Veränderungen, um ein bösartiges Wachstum auszuschließen. Im Zweifelsfall ist die Entfernung der gesamten Schilddrüse notwendig.

Im Gegensatz zu den anderen differenzierten Schilddrüsenkarzinomen hat eine Radiojodtherapie im Anschluss an die OP bei einem Teil der onkozytären Karzinome einen nur fraglichen Behandlungseffekt. Das ist auf die mangelnde Jodaufnahme der onkozytären Tumorzellen zurückzuführen.

Prognose

Entscheidend für alle bösartigen Hürthle-Zell-Tumoren ist die vollständige Tumorentfernung. Das verlangt eine Entfernung der gesamten Schilddrüse, gegebenenfalls mit den angrenzenden Lymphknoten und eine anschließende Radiojodtherapie. Zur Kontrolle auf vollständige Entfernung der Tumorzellen wird Thyreoglobulin im Blut bestimmt, das auch von Hürthle-Zellen produziert wird, die kein Jod mehr aufnehmen.

Die Prognose nach der Diagnose eines Hürthle-Zell-Karzinoms variiert in Abhängigkeit von der Größe des Tumors, dessen Metastasierungsgrad und dem Alter der betroffenen Patienten. Insgesamt ist sie aber schlechter als bei Patienten mit follikulären oder papillären Schilddrüsenkarzinomen. Teilweise scheint dies auf der oft verminderten Jodaufnahme zu beruhen, aber auch genetische Faktoren sind damit assoziiert.

Autor:
Prof. Dr. med. Dr. hc. Peter Goretzki
Facharzt für Chirurgie, Allgemein- und Viszeralchirurgie
Bereichsleitung Endokrine Chirurgie (CCM | CVK) Charité – Universitätsmedizin Berlin

Prof. Dr. med. P. E. Goretzki

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Letzte Aktualisierung: 29.07.2022