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DAS BROKEN HEART-SYNDROM UND DIE SCHILDDRÜSE

Beim Broken Heart-Syndrom, auch als stressinduzierte Kardiomyopathie oder Takotsubo-Syndrom bekannt, kommt es zu einer akuten schwerwiegenden Funktionsstörung des Herzmuskels – meist der linken Herzkammer. Diese seltene Form der Herzerkrankung tritt vor allem bei Frauen, insbesondere nach der Menopause, auf. Dabei ähneln die Symptome wie Atemnot, Schweißausbruch, Erbrechen, Engegefühl und Schmerzen in der Brust sowie Blutdruckabfall und Herzrhythmusstörungen stark denen eines Herzinfarkts. Als Auslöser des Broken Heart-Syndroms gelten extreme emotionale und psychische Belastungssituationen, die zu einer vermehrten Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin führen. In einer aktuellen Beobachtungsstudie (1) stellten Wissenschaftler fest, dass viele der Patienten zugleich an einer Schilddrüsenfunktionsstörung litten, die möglicherweise die Empfindlichkeit des Herzmuskels gegenüber Stresshormonen erhöht.

„ENDOKRINER TYP“ UND „STRESSTYP“

In der Studie stellten sich zwei Patiententypen des Broken Heart-Syndroms heraus, bei denen ein starker Zusammenhang zwischen der gestörten Herzmuskelfunktion und einer Funktionsstörung der Schilddrüse besteht. Beim sogenannten „Endokrinen Typ“ liegt eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) vor, welche die Entwicklung der Herzmuskelerkrankung begünstigt. Hingegen ist beim „Stresstyp“ der Sollwert der Schilddrüsenregulation erhöht (2). Normalerweise bewirkt der Anstieg des Schilddrüsenhormons T4 (Thyroxin) im Blut einen Abfall des Regelhormons TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon), damit sich die Konzentration wieder normalisiert. Bei dieser Patientengruppe ist das jedoch nicht der Fall. Sowohl die Konzentration des T4 als auch des TSH bleiben erhöht – ein Zeichen für längerfristigen Stress. Beide Typen haben gemeinsam, dass vermehrt das Schilddrüsenhormon T4 ausgeschüttet wird und dadurch die Entstehung des Broken Heart-Syndroms begünstigt werden kann, wie genau ist noch unklar. Allerdings ist bekannt, dass Schilddrüsenhormone die Empfindlichkeit des Herzens gegenüber Stresshormonen, wie Adrenalin und Noradrenalin, steigern können (3).

MÖGLICHER ANSATZ FÜR INDIVIDUELLE THERAPIE

Falls weitere Studien die Ergebnisse bestätigen, könnten Störungen der Schilddrüsenfunktion für rund zwei Drittel des Broken Heart-Syndroms mitverantwortlich sein. Damit wäre es perspektivisch denkbar, durch die Bestimmung der Schilddrüsenfunktion einen Beitrag zum individuellen Entstehungsmechanismus der seltenen Herzmuskelfunktionsstörung zu leisten  und die medikamentöse Therapie darauf abzustimmen (2).

Autor:

Univ.-Prof. Dr. med. Joachim Feldkamp
Direktor der Universitätsklinik für Endokrinologie und Diabetologie, Allgemeine Innere Medizin, Infektiologie
Klinikum Bielefeld

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Quellen:

  1. Aweimer A. et al. (2020) Abnormal thyroid function is common in takotsubo syndrome and depends on two distinct mechanisms: results of a multicenter observational study. Journal of Internal medicine, doi: 10.1111/joim.13189
  2. Ärzte Zeitung (2021) Was Thyroxin mit dem Broken Heart-Syndrom zu tun hat. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Was-Thyroxin-mit-dem-Broken-Heart-Syndrom-zu-tun-hat-415967.html (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)
  3. Deutsches Ärzteblatt (2020) Takotsubo-Kardio­myopathie: Schilddrüsenfunktion ist häufig gestört. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/118919/Takotsubo-Kardiomyopathie-Schilddruesenfunktion-ist-haeufig-gestoert (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

Letzte Aktualisierung: 25.02.2022