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DAS SCHILDDRÜSENHORMON

CALCITONIN: TUMORERKENNUNG UND CALCIUMSTOFFWECHSEL

Neben den bekannten Schilddrüsenhormonen Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) entsteht in der Schilddrüse auch Calcitonin. Das Hormon beeinflusst den Knochenauf- und abbau im Körper, es ist aber auch ein wichtiger Parameter in der Medizin: Ein erhöhter Calcitoninspiegel im Blut kann auf verschiedene Krankheiten hinweisen, darunter auch das medulläre Schilddrüsenkarzinom.

WAS MACHT CALCITONIN IM KÖRPER?

Für die Calcitonin-Produktion sind hauptsächlich die C-Zellen der Schilddrüse verantwortlich. Calcitonin regelt zusammen mit dem Parathormon den Calcium-Phosphat-Haushalt im Körper. Dabei senkt es den Calciumspiegel im Blut und erhöht den Calciumgehalt der Knochen. Das beeinflusst den Knochenauf- und abbau. Aufgrund dieser Eigenschaft setzt die Medizin Calcitonin auch als Medikament zur Behandlung von Osteoporose ein. Seit 2012 ist dies jedoch nur noch für kurzfristige Behandlungen empfohlen, da eine Langzeitbehandlung mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergeht (1). Calcitonin oder genauer, das Serum-Calcitonin, kann aber auch bei der Bestimmung von bösartigen Tumoren helfen.

ERHÖHTE CALCITONIN-WERTE IM BLUT ALS ANZEICHEN EINES MEDULLÄREN SCHILDDRÜSENKARZINOMS

Etwa ein bis fünf Prozent der bösartigen Schilddrüsentumore sind medulläre Karzinome der Schilddrüse (MTC). Ein MTC entsteht als bösartiger Tumor der C-Zellen. 20 bis 30 Prozent dieser Tumore sind genetisch bedingt und treten im Rahmen der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2a-2b gehäuft in Familien auf. Hier bestimmt die zugrundeliegende Genmutation den Zeitpunkt und die Aggressivität des Tumors (2). Ärzte können heute mit der Messung des Serum-Calcitonins ein MTC frühzeitig erkennen. Erhöhte Werte und die Art des Calcitonin-Anstiegs im Blut (stark oder schwach) können Hinweise auf ein MTC und den weiteren Verlauf der Erkrankung liefern (3,4,5).

WEITERE URSACHEN FÜR ERHÖHTE CALCITONIN-WERTE

Aber nicht jede Calcitonin Erhöhung im Serum bedeutet gleich ein medulläres Schilddrüsenkarzinom. Prinzipiell können alle neuroendokrinen Tumorarten zu erhöhten Calcitonin-Werten im Blut führen. Außerdem lassen auch verschiedene weitere Erkrankungen, zum Beispiel eine Niereninsuffizienz oder die Hashimoto Thyreoiditis, sowie bestimmte Medikamente wie Protonenpumpenhemmer, den Calcitoninspiegel ansteigen. Um festzustellen, ob ein MTC die Ursache ist, bestimmen Ärzte daher weitere Werte, wie das Carcino-embryonale Antigen (CEA), das in der Regel ebenfalls erhöht ist, wenn ein Turmor die Ursache für die Calcitonin-Erhöhung ist (3).

Autor:
Prof. Dr. med. Dr. hc. Peter Goretzki
Facharzt für Chirurgie, Allgemein- und Viszeralchirurgie
Bereichsleitung Endokrine Chirurgie (CCM | CVK) Charité – Universitätsmedizin Berlin

Prof. Dr. med. P. E. Goretzki

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Quellen:
 

  1.  https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/referrals/calcitonin (zuletzt abgerufen am 15.04.21)
  2. Frank-Raue K, Raue F. (2015) Recent Results Cancer Res. 2015;204:139-56.
  3. Kwon H, Kim WG, Jeon MJ et al. (2016) Endocrine 53:174-181
  4. Andrade F, Rondeau G, Boucai L et al (2019) Arch Endocrinol Metab
  5. Rowland K, Jin L, Moley JF (2015) Ann Surg Oncol 22:96-102

Weiterführende Literatur:
Lindsey SC, Ganly I, Palmer F et al. (2016) Thyroid 25:242-249
Machens A, Lorenz K, Dralle H (2018) Endocrine 61:428-439
Kuo EJ, Sho S, Li N et al. (2018) JAMA Surg 153:52-59
Trimboli P & Giovanella L (2018) Endocrinol Metab 33:204-210

Letzte Aktualisierung: 18.10.2021