ERKRANKUNGEN

Diagnose und Therapiemöglichkeiten bei Schilddrüsenkrebs

Die Diagnose Schilddrüsenkrebs bedeutet häufig einen Schock für die Patienten. Dabei gibt es bei dieser Erkrankung gute Heilungschancen. Zunächst ist es wichtig bei Auffälligkeiten einen Arzt aufzusuchen. Hier können Untersuchungen und gegebenenfalls die Diagnostik erfolgen. Heutzutage gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten bei Schilddrüsenkarzinomen, die den Ablauf für den Patienten angenehmer gestalten.

Diagnostik bei Schilddrüsenkrebs

Schilddrüsenkrebs kann durch die Vergrößerung der Schilddrüse ein Druckgefühl im Hals, Luftnot, Schluckbeschwerden, Heiserkeit, Hustenreiz sowie eine tastbare Lymphknotenschwellung hervorrufen. Diese Symptome können durchaus auf andere, meist harmlosere Erkrankungen hindeuten. Dennoch ist es ratsam, bei derartigen Symptomen einen Arzt aufzusuchen und die Ursache abklären zu lassen. Jedoch kann eine Schilddrüsenkrebserkrankung auch ohne eine Vergrößerung der Schilddrüse einhergehen, sodass man regelmäßige Gesundheitsvorsorgen immer durchführen lassen sollte.

Beim Arzttermin wird zunächst ein ausführliches Gespräch, die sogenannte Anamnese, geführt. Dabei befragt der Arzt den Patienten, ob sich der Gesundheitszustand in den letzten Wochen und Monaten verändert hat und welche Vorerkrankungen es bei dem Betroffenen oder in dessen Familie gibt.

Im Anschluss daran werden die körperliche Untersuchung und bei entsprechendem Verdacht auch spezielle Zusatzuntersuchungen vorgenommen:

Palpation

Bei der Palpation tastet der Arzt den Hals ab, um zu erfühlen, ob die Schilddrüse vergrößert ist oder ob Knoten spürbar sind.

Blutwerte

Laboruntersuchungen der Blutwerte stellen u.a. fest, ob die Schilddrüse richtig arbeitet und ob der Körper über die richtige Hormonmenge verfügt.

Sonografie

Eine Schilddrüsensonografie, auch Ultraschall genannt, kann weiteren Aufschluss über die Beschaffenheit und Struktur etwaiger Gewebeveränderungen und Knoten geben. Die Farbdoppleruntersuchung ist hierbei eine Zusatzfunktion, welche die Gefäßversorgung des Organs sichtbar macht. (1)

Szintigrafie

Zeigen sich bei diesen Untersuchungen Knoten in der Schilddrüse, ist zur weiteren Abklärung meistens eine Szintigrafie notwendig. Hierbei handelt es sich um ein nuklearmedizinisches Verfahren, Organsysteme darzustellen. Die Patienten erhalten eine schwach radioaktive Substanz mittels Injektion, die sich in der Schilddrüse anreichert. Anschließend sendet das Schilddrüsengewebe Gamma-Strahlen aus, die eine spezielle Gamma-Kamera erfasst und in ein Bild umsetzt. Diese Untersuchungen führen Nuklearmediziner durch.

 

Therapie bei Schilddrüsenkrebs

Die Diagnose Schilddrüsenkrebs bedeutet für Betroffene und Angehörige zunächst einen Schock. Doch bei dieser Krebserkrankung bestehen in der Regel sehr gute Heilungschancen. (2) Die moderne Medizin hat in den letzten Jahren viele neue Erkenntnisse gewonnen. Fortschrittliche Therapieoptionen können die Beschwerden einer Schilddrüsenunterfunktion nach einer Schilddrüsenoperation oder in der Nachsorge heutzutage reduzieren und die Behandlungszeiten bei der Ablation verkürzen.  Patienten sollten mit ihrem Arzt über die für sie optimale Behandlungsform sprechen.

Operation

Unabhängig vom Karzinomtyp müssen sich die Patienten in der Regel zunächst einer Operation unterziehen, denn die operative Entfernung der kranken Schilddrüse und die Untersuchung des Gewebes sind meist das Mittel der Wahl. Zur Therapieplanung kann in Einzelfällen eine Computertomografie (CT; wichtig: ohne jodhaltiges Kontrastmittel!), eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder eine Positronen Emission Tomographie (PET) vor der OP sinnvoll sein.

Der Chirurg entfernt in den meisten Fällen bei der Operation nach Möglichkeit die gesamte Schilddrüse, um sicherzugehen, dass der Krebs vollständig verschwunden ist. Manchmal entfernt der Chirurg nur ein Teil der Schilddrüse. Die Entscheidung fällt oft erst mit einem Gewebetest („Schnellschnitt“) während der OP. (2)

Ohne Schilddrüse verliert der Körper die Fähigkeit, Schilddrüsenhormone selbst herzustellen – Patienten müssen sie nach der OP durch Tabletten von außen zuführen (Schilddrüsenhormon-Ersatztherapie). Dies ist ohne weitere Komplikationen möglich. (2)

TSH-Steigerung als Vorbereitung auf die Ablation

Auch nach einer erfolgreichen Operation bleibt meist ein wenig Schilddrüsenrestgewebe zurück, da der Chirurg darauf achtet, dass er den Stimmbandnerv und die Nebenschilddrüsen, die dicht an der Schilddrüse liegen, nicht verletzt. Eine sogenannte ablative Radiojodtherapie hilft dabei, das Restgewebe respektive verbleibende bösartige Tumorzellen zu zerstören. Radioaktives Jod zerstört die Schilddrüsenzellen von innen. Damit die Radiojodtherapie erfolgreich verläuft und die verbliebenen Schilddrüsenzellen ausreichend Radiojod aufnehmen, müssen sie zunächst „jodhungrig“ gemacht werden. Dies kann der Patient dadurch unterstützen, indem er vor der Radiojodtherapie einen Jodüberschuss durch Lebensmittel vermeidet. Eine entscheidende Rolle spielt aber der TSH-Spiegel im Körper. Dieser muss ansteigen, um die Schilddrüsenzellen für die Jodaufnahme zu aktivieren.

Um den TSH-Spiegel im Körper zu erhöhen, gibt es zwei Behandlungsmethoden – die Erhöhung des TSH-Spiegels durch die medikamentöse Zufuhr von TSH und den Schilddrüsenhormonentzug. Patienten sollten mit ihrem Arzt über die für sie optimale Behandlungsform sprechen. (2)

Formen der TSH-Stimulation

Die rhTSH-Stimulation

  • Aufgrund der Nebenwirkungen einer Schilddrüsenunterfunktion wählen Ärzte immer öfter diese Stimulationsmethode: Der TSH-Spiegel erhöht sich kurzfristig schnell durch die Zugabe des künstlichen schilddrüsenstimulierenden Hormons.
  • Bei dieser Therapieform können Patienten die Schilddrüsenhormontabletten direkt nach der Operation erhalten. Somit können sich die unangenehmen Begleiterscheinungen einer Schilddrüsenunterfunktion vermeiden lassen. Der behandelnde Arzt injiziert das rhTSH an zwei Tagen vor der Radiojodtherapie jeweils einmal intramuskulär. Das lässt den TSH-Spiegel rasch ansteigen. Der Patient kann die Schilddrüsenhormone dabei weiterhin täglich einnehmen. Bei dieser Therapieform dauert die gesamte primäre Therapie (Operation und Radiojodablation) nur zehn bis vierzehn Tage, da der Nuklearmediziner die Ablation nach Entlassung aus der Chirurgie direkt terminieren kann. Eine Therapie unter rhTSH kann damit zeitlich schneller und weniger belastend sein als der Schilddrüsenhormonentzug.

 

Die TSH-Stimulation durch Schilddrüsenhormonentzug

  • Der TSH-Wert steigt, indem die Patienten nach der Schilddrüsenoperation keine Schilddrüsenhormone mehr erhalten (Schilddrüsenhormonentzug). Somit lässt sich der Zustand einer zum Teil massiven Schilddrüsen-Unterfunktion herbeiführen. Der Körper bemerkt dabei, dass ihm Schilddrüsenhormone fehlen und produziert zur Jodaufnahme verstärkt TSH – das „Schilddrüsen-stimulierende Hormon“. TSH aktiviert die Schilddrüsenzellen und bewirkt die Aufnahme von all dem im Blut verfügbaren radioaktiven Jod.
  • Die Phase des Schilddrüsenhormonentzugs kann zwei bis drei Wochen dauern, erst dann ist ein ausreichend hoher TSH- Spiegel von ca. 30mU/l vorhanden, um die Ablation durchzuführen. Durch die Schilddrüsen-Unterfunktion können sich die Patienten antriebslos und matt fühlen, erleiden Müdigkeitsanfälle, kämpfen mit depressiven Verstimmungen, Gedächtnis- und Konzentrationsminderungen.

 

Radiojodtherapie (Ablation)

Nach der Operation und der erforderlichen Steigerung des TSH-Spiegels ist die ablative Radiojodtherapie in der Nuklearmedizin der nächste Schritt. Der Patient nimmt das radioaktive Jodisotop 131 als Kapsel zu sich. Es reichert sich in den verbliebenen Restzellen an und zerstört gezielt das übriggebliebene Schilddrüsengewebe. Es handelt sich dabei umgangssprachlich um eine „Bestrahlung von innen“. (2)

Info: Jod 131 und Halbwertszeit

Jod 131 ist ein Beta- und Gamma-Strahler. Der Vorteil von Beta-Strahlen: Sie sind sehr energiereich, dringen aber nicht tief in das umliegende Gewebe ein. So können Nuklearmediziner gezielt den Krankheitsherd bekämpfen, ohne das umliegende Gewebe in Mitleidenschaft zu ziehen. Der Vorteil der Gamma-Strahlung: Sie tritt aus dem Gewebe heraus und erlaubt so die Bildgebung mit einer Gamma-Kamera.

Die Strahlung ist kurz nach Einnahme der Jod 131 Kapsel am stärksten. Nach der Einnahme müssen die Patienten daher für ein paar Tage auf der nuklearmedizinischen Station bleiben. Während dieser Zeit kommen zwei Vorgänge ins Spiel, die die Strahlung im Verlauf der Zeit immer weiter abschwächen. Zum einen hat Jod 131 eine physikalische Halbwertszeit von acht Tagen, was bedeutet, dass es nach acht Tagen nur noch halb so stark strahlt. Zum anderen wird das radioaktive Material (vorwiegend über den Urin) ausgeschieden. Dies reduziert die Strahlung im Körper zusätzlich. Wenn die Radiojodtherapie durch einen Schilddrüsenhormonentzug vorbereitet wurde, kann die Niere in der Zeit der Ablation langsamer arbeiten und reinigt so auch den Körper nur langsamer vom radioaktiven Material. Bei einer Vorbereitung mit rhTSH ist die Niere mit ihrer ganz normalen Geschwindigkeit tätig und schafft somit auch das übrige Jod 131, das nicht für die Zerstörung der Schilddrüsenzellennötig war, schneller wieder aus dem Körper heraus. Patienten sollten mit ihrem Arzt über die für sie optimale Behandlungsform zur Vorbereitung der Ablation sprechen.

 

Übersicht über die unterschiedlichen Fachärzte

Im Rahmen der Therapie und Nachsorge von Schilddrüsenkrebs durchläuft der Patient verschiedene Stationen bei unterschiedlichen Fachärzten.

Hausarzt

Niedergelassener (freiberuflicher) oder in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellter Arzt. Der Hausarzt stellt für den Patienten meist die erste Anlaufstelle bei medizinischen Problemen dar. Wenn nötig, schreibt der Hausarzt auch die Überweisung zum Facharzt, zu einer speziellen Therapie beziehungsweise ins Krankenhaus. Bei Verdacht auf Schilddrüsenkrebs überweist der Hausarzt den Patienten zur weiteren Abklärung an die Fachärzte aus Endokrinologie und Nuklearmedizin weiter.

Endokrinologe

Facharzt, der auf die Behandlung von hormonell bedingten Krankheiten und Stoffwechselstörungen (Eiweiß-, Kohlenhydrat-, Fettstoffwechsel) spezialisiert ist. Die Endokrinologie ist ein Teilgebiet der inneren Medizin. Der Endokrinologe unterstützt bei der endgültigen Diagnosestellung durch Abtasten, Ultraschall, Labordiagnostik sowie Feinnadelpunktion und bespricht mit dem Patienten die Therapieoptionen. Außerdem spielt der Endokrinologe eine wichtige Rolle in der Nachsorge.

Nuklearmediziner

Facharzt, der auf die Anwendung von radioaktiven Substanzen bei der Diagnostik und der Therapie spezialisiert ist. Hierzu nutzt der Nuklearmediziner die von radioaktiven Stoffen ausgehende Strahlung, die beim radioaktiven Zerfall ausgesendet wird. Der Nuklearmediziner unterstützt bei der endgültigen Diagnosestellung (Untersuchung, Szintigrafie, Feinnadelpunktion) und ist verantwortlich für die radioaktive Therapie und Nachsorge der Schilddrüse.

Chirurg

Facharzt, der sich unter anderem mit der Erkennung, der konservativen bzw. operativen Behandlung, der Nachsorge und Rehabilitation von chirurgischen Erkrankungen und Verletzungen beschäftigt. Bei der Behandlung von Schilddrüsenkrebs ist der Chirurg für die operative Entfernung der Schilddrüse verantwortlich.

Quellen:

  1. Spinas, G. A. & Fischli, S. (2001). Endokrinologie und Stoffwechsel (2. Auflage). Georg Thieme Verlag.
  2. Kasper Et Al., D. L. (2015). Harrisons Innere Medizin: Bd. Band 3 (19. Auflage). ABW Wissenschaftsverlag.

Letzte Aktualisierung: 05.10.2022