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DIE SCHILDDRÜSE UND DIE PSYCHE
Schilddrüsenerkrankungen und originäre psychische Erkrankungen können sich mit ähnlichen Symptomen äußern. Im Rahmen der psychiatrischen Diagnose sollten deshalb Schilddrüsenfunktionsstörungen ausgeschlossen werden.
SCHILDDRÜSENUNTERFUNKTION UND DIE PSYCHE
Eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), die beispielsweise aufgrund einer Hashimoto-Thyreoiditis besteht, kann mit anhaltender Müdigkeit und Antriebslosigkeit sowie Vergesslichkeit, geistiger Verlangsamung, Unaufmerksamkeit und emotionaler Labilität einhergehen – ähnlich wie eine Depression oder eine Psychose (1). Daher ist es wichtig bei Patienten, die sich mit Symptomen einer Depression bei ihrem Hausarzt vorstellen, auch die Schilddrüsenfunktion zu überprüfen und eine Funktionsstörung als Ursache auszuschließen. Darüber hinaus kann gerade bei älteren Menschen mit einer ausgeprägten Schilddrüsenunterfunktion die Symptomatik einer kognitiven Beeinträchtigung im Sinne einer geistigen Verlangsamung, Vergesslichkeit und fehlender Aufmerksamkeit als Demenz fehldiagnostiziert werden (2). Nach der Gabe von Schilddrüsenhormonpräparaten zeigen sich die Symptome einer solchen „reversiblen Demenz“ für gewöhnlich rückläufig.
SCHILDDRÜSENÜBERFUNKTION UND DIE PSYCHE
Anders gestaltet sich die Symptomatik einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), die zum Beispiel beim Morbus Basedow auftreten kann. Herzrasen, emotionale Instabilität, erhöhte Reizbarkeit, innere Unruhe und eine generell vermehrte Aktivität gehören zu den typischen Merkmalen, die ebenso bei Angsterkrankungen oder manischen Episoden beschrieben werden (3). Auch beim Verdacht auf solch eine psychische Erkrankung sollte die Schilddrüsenfunktion überprüft werden. Denn mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die psychischen Symptome nach der Normalisierung der Schilddrüsenfunktion verbessern (4).
DIE SCHILDDRÜSE ALS RISIKOFAKTOR?
Der Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer Schilddrüsenfunktionsstörung und einer psychischen Erkrankung wird in der Wissenschaft derzeit diskutiert (5,6). Generell können Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse, wie die Hashimoto-Thyreoiditis, mit Depressionen und Angststörungen assoziiert sein. Daher sollte bei Patienten mit Depressionen und Angststörungen die Schilddrüse überprüft werden und umgekehrt. Die frühzeitige Behandlung gekoppelt mit einem besseren Verständnis für die Ursachen und die damit erleichterte Bewältigung psychischer Erkrankungen, kann zu einer positiven Entwicklung beitragen.
Autor:
Prof. Dr. med. Markus Luster
Facharzt für Nuklearmedizin
Universitätsklinikum Marburg
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Quellen:
- Heinrich TW, Grahm G. Hypothyroidism Presenting as Psychosis: Myxedema Madness Revisited. Prim Care Companion J Clin Psychiatry. 2003; 5(6): 260–266
- Chari D, Ali R, Gupta R. Reversible dementia in elderly: Really uncommon? J Geriatr Ment Health 2015;2(1):30-37
- Fukao A, Takamatsu J, Arishima T, et al. Graves´disease and mental disorders. J Clin Transl Endocrinol 2019 Oct 11;19:100207. doi: 10.1016/j.jcte.2019.100207
- Katohl RG, Turner R, Delahunt J. Depression and anxiety associated with hyperthyroidism: response to antithyroid therapy. Psychosomatics. 1986;27:501–505
- Engum A, Bjøro T, Mykletun A, et al. An association between depression, anxiety and thyroid function--a clinical fact or an artefact? Acta Psychiatr Scand 2002 Jul;106(1):27-34
- Siegmann EV, Müller HHO, Luecke C, et al. Association of Depression and Anxiety Disorders With Autoimmune Thyroiditis - A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Psychiatry. 2018 Jun; 75(6): 577–584
Letzte Aktualisierung: 16.06.2023