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NEBENSCHILDDRÜSENFUNKTIONS- STÖRUNGEN NACH EINER SCHILDDRÜSENOPERATION

In Deutschland werden jährlich etwa 85.000 Operationen der Schilddrüse durchgeführt – meist aufgrund von Schilddrüsenknoten (1). Dabei wird entweder die Hälfte des Schmetterlingsorgans oder bei beidseitig vorkommenden Knoten auch die komplette Schilddrüse entfernt. Im Vergleich zum Beispiel mit einer Blinddarmoperation ist das Komplikationsrisiko allerdings gering. Nichtsdestotrotz sind auftretende Komplikationen oft nachhaltig und beeinflussen den Alltag der Patienten. Ein verhältnismäßig häufiges, durch die Operation ausgelöstes Problem ist die Einschränkung der Nebenschilddrüsenfunktion. Bei 20 bis 30 Prozent der Patienten werden zeitlich begrenzte Störungen der Nebenschilddrüsenfunktion beobachtet (2,3), wobei diese nach einigen Wochen oder Monaten aber meist rückläufig sind (3).

DIE NEBENSCHILDDRÜSEN UND DER CALCIUMSPIEGEL

Als Nebenschilddrüsen werden vier circa reiskorngroße Organe bezeichnet, die an der Hinterwand der Schilddrüse liegen. Sie reagieren auf einen niedrigen Calciumspiegel im Blut mit der Produktion des so genannten Parathormons. Das wiederum sorgt für einen raschen Wiederanstieg des Calciums zum Beispiel durch die vermehrte Aufnahme von Calcium aus dem Darm. Die Calciumaufnahme aus der Nahrung wird durch die Umwandlung des Vitamin D in seine aktive Form („Vitamin D-Hormon“) gesteuert. Wenn entweder das Calcium aus der Nahrung oder das Vitamin D für diesen Vorgang nicht ausreichen, wird der Calciumspiegel, ebenfalls durch das Parathormon, alternativ aus den Vorräten des Skeletts aufrechterhalten.

STÖRUNGEN DER NEBENSCHILDDRÜSENFUNKTION

Bei einer Schilddrüsenoperation kann es zu Durchblutungsstörungen der Nebenschilddrüsen oder sogar zur Entfernung kommen, wenn diese mit den hinteren Anteilen der Schilddrüse verbunden oder sogar in die Schilddrüse hineingewachsen sind. Falls nach einer Operation eine Schädigung einer oder mehrerer Nebenschilddrüsen auftritt, sinkt zunächst der Calciumspiegel ab. Die betroffenen Patienten bemerken dies durch ein vermehrtes Kribbeln in den Händen oder um den Mund herum, bisweilen kommt es zu einer typischen Versteifung der Hände (so genannte „Pfötchenstellung“). Bei extremen Formen kann der Herzrhythmus gestört werden.

BEHANDLUNG DER KOMPLIKATIONEN

Durch die Gabe des Vitamin D-Hormons in Tablettenform wird der Calciumspiegel im Blut angehoben und die Beschwerden gelindert. Allerdings ist dies nicht so effektiv, wie es bei ausreichendem Parathormon der Fall wäre. Bei einem Teil der Patienten mit Nebenschilddrüsenfunktionsstörungen kehrt deren Funktion nicht wieder zurück und macht eine lebenslange Medikamenteneinnahme erforderlich. Auch die seit Kurzem verfügbare Gabe von synthetisch hergestellten Nebenschilddrüsenhormonen lindert die Beschwerden der Patienten oft nur unvollständig und ist nicht frei von Komplikationen (7). Zudem wird diskutiert, ob sich durch die Anhebung sehr niedriger Vitamin D-Spiegel in den unteren Normbereich die Auswirkungen von Nebenschilddrüsen-funktionsstörungen vermindern lassen (5,6). Denn bei Patienten, die zuvor mit Vitamin D behandelt wurden, traten sehr niedrige Calciumspiegel nicht mehr so häufig auf.

PRÄVENTION VON NEBENSCHILDDRÜSENKOMPLIKATIONEN

In den letzten Jahren konnte die Häufigkeit der Nebenschilddrüsenschädigungen bei einer kompletten Entfernung der Schilddrüse nicht wesentlich gesenkt werden (3,4). Daher ist die allgemeine Verminderung der Schilddrüsenoperationen in Deutschland eine wesentliche Präventionsmaßnahme. Wenn sich bei vorhandenen Schilddrüsenknoten eine Operation nicht vermeiden lässt, muss geprüft werden, ob nicht ein einseitiges Vorgehen möglich ist. Damit lassen sich zwei der vier Nebenschilddrüsen erhalten und das Komplikationsrisiko weiter reduzieren.

Letzte Aktualisierung: 07.08.2018